Herbstland



1. Land der Erschoepfung

tiefes Schwarz im Sueden
tausend Baeume, die sich beugen
Kaeuzchen schreien nicht im Regen
ein Alter von der Mofa winkend
zahnlos lachend, Adlernase
Felder wie das Auge weit
braun und gruen
und hinter Wald das grosse Meer verborgen
Sandstrand kann den Wind nicht zaehmen
der zerrt und bleckt den schuettren Laerchen
beim Essen diskutieren wir
die Inflation
Naesse, dreimal Naesse, spaeter:
Mauern, schuetzend, kalt
ein Fischer neben seinen Netzen auf der Mole
kuehl abweisend wie die ganze Gegend
malerisch? faellt keinem Maler ein.

2. Land im Westen

lese
Madame Bovary unter Schauern
Zynismus und Liebe
kenne ich selbst, muss anders werden
Zufall und Liebe, auf einem alten Foto festgehalten
wo bist du her?
von jenseits, land's end
so weit kommt nur das Militaer
Hubschrauber schwarze Raecher Stacheldraht
gen Huegel Rappenreiter
es toben Wind und Meer in lustren Farben
gelbrot der Fels
die Sonne still verschleiert

3. Land des Untergangs

zu lang die Nacht
Herzmuskel sich zusammenzieht
froh ist man nur
im letzten Sonnenschein.
Schmale Strassen, Pfade zwischen Wiesen Feldern
verschwinden langsam im milchigen Schwarz
Gras, fruchtbar, Beeren, Ustilago
hier lebt's, hier toent's aus Busch und Strauch
Gespenster wachsen in den Himmel
umschwaermte Immigranten
ein kleiner Hof, ein einsam Hundeklaeffen
und Licht im Flur
ein Haus aus Wackerstein
lang Dunkelheit dann
Dorf am Hang und Mauern wieder
ruft wilder Wein, mein Herz mag nicht mehr schlagen
und erst am Zaun aus Speeren Grenzland
faellt mir ein:
der schwer umhuellte Reisende,
Dichter, Bote auch
dem manche Bauern mit der Forke helfen wollen
Besuche unerwuenscht
Reichtuemer aufgehaeuft von allen Alterstufen
hinter der Scheune
Herren reiten nur des Tages durch das Dorf
der Schwere macht ein kleines Feuer
waermt sich
nach Blut riecht gierig Vorzeitphysiognomie.
ihn friert, er haelt den Mund
Tod um Tod
dass Menschen heute anders sterben,
taeuscht nur die Lebenden

4. Land der Beklommenheit

hoch im Norden steht ein andres Schloss
furchtbarer fuer die Fragenden
unerreichbar im Meer
Turmspitzen im Himmel
versteckt hinter goldenen Aehren
heute ist eine andere Zeit
von jenem Atem der Zauberer kommt nichts hinueber
Angst hat weniger Gewicht
Tod keine Fratze
duenkt die Jugend.

5. Eiland

und hast
mit mir gebrochen
der neue Tag
laesst sich nicht wie ein Geldstueck
verlieren
blankes Eiland
doch jenseits der duesteren Sonne schillern Tausende
denke nicht
du duerftest warten
es zaehlen die Sekunden
nach deren Takten schlaegt die Welt
und suesses Jetzt liegt fernem Morgen naeher


Copyright: B. Lampe, 1998

e-mail: Lampe.Bodo@web.de

zu den Gedichten